In der 5. Runde der Münchner Mannschaftsmeisterschaft 2022/23 am 7.3.2023 wollten wir im Heimspiel gegen Schachfreunde München 2 endlich unseren ersten Saisonsieg aus eigener Kraft erringen. Da sich diesmal sogar mehr als 8 Spieler einsatzbereit gemeldet hatten, standen die Chancen dafür auch gar nicht schlecht. Selbst als Horst krankheitsbedingt kurzfristig ausfiel, konnte dank Maike mit Paul Menzner noch vielsprechender Ersatz mobilisiert werden. Außerdem reisten die Gegner aus München nur mit 7 Spielern und ließen Brett 2 frei – wobei sie sicherlich auch unseren Kader genau studiert und deshalb dort mit Philipp Biedenkopf rechnen mussten. Der war zwar zu dieser Zeit mit seinem Staatsexamen in Passau beschäftigt, aber allein schon seine DWZ von 1986 dürfte den Münchner Schachfreunden die Entscheidung erleichtert haben, dieses Brett kampflos herzugeben. So hatte dann Mannschaftsleiter und Berichterstatter Christian Langer an Position 2 auch mal Zeit, die Partien seiner Teamkollegen zu verfolgen.
Zu sehen gab es da aber zunächst wenig Erfreuliches für uns: Günter wurde mit Weiß in einem offenen Sizilianer völlig auf dem falschen Fuß erwischt – nachdem er einen Moment lang beim Übergang ins Mittelspiel etwas zu passiv spielte und die Dynamik der Stellung unterschätzte, verzichtete der Gegner auf die Rochade und setzte sofort seine g- und h-Bauern gegen Günters König in Marsch. Nach einem weiteren Fehler (falscher Bauernzug) brach Günters Verteidigung schnell zusammen und die Partie war frühzeitig verloren. Typisch Sizilianisch, hätte Thomas Beckers bei seinen Trainingsstunden dazu gesagt, nur hätten wir so eine Partie gerne mit Schwarz statt mit Weiß gespielt. Paul Menzner hatte an Brett 7 leider einen außergewöhnlich starken Ersatzspieler mit DWZ über 1700 als Gegner erwischt und konnte daher nach einem kleinen Fehler in der Eröffnungsphase den geopferten Bauern letztlich nicht mehr zurückgewinnen. Der Münchner spielte sicher und wickelte die Partie in ein gewonnenes Turmendspiel ab. So hatte sich der 1:0 Vorsprung in einem 1:2 – Rückstand verwandelt und mit fortschreitender Spieldauer wurde klar, dass wir schon sehr viel Glück brauchten, um mehr als ein 4:4 zu erreichen. Herbert spielte an Brett 1 diesmal die Philidor-Verteidigung, in der er sich – wie in vielen anderen klassischen Eröffnungen – sehr gut auskennt, konnte aber nach Figurenabtausch nicht mehr als ein Remis erreichen, da der Gegner am Schluss die etwas bessere Bauernstellung hatte.
Bei Bernhard sah es hingegen zunächst recht gut aus – er hatte die Eröffnung sehr solide gespielt und seine Figuren gut aufgestellt, mit einer starken Turmbatterie auf der zentralen e-Linie, und verfügte zeitweise sogar Mattdrohungen auf h7 mit Dame und Läufer. Nur seine Grundreihe war nach Turmabtausch etwas gefährdet, Bernhard war aber aufmerksam und konnte die Konterdrohungen entschärfen und in eigentlich vorteilhaftes Endspiel mit Springer gegen Läufer abwickeln. Doch am Schluss reicht es dann doch nicht ganz zum Gewinn, so dass auch in dieser Partie schließlich Remis vereinbart wurde.
Besser entwickelte sich die Lage am Ende bei Andrei Toropchin: Er hatte in der Eröffnung einen Bauern gewonnen, dieses jedoch als Schwarzer mit Entwicklungsrückstand bezahlt und war daher zunächst in die Defensive gedrängt und benötigte sehr viel Bedenkzeit für die Verteidigung. Der Gegner richtete sämtliche Figuren bedrohlich auf Andreis Königsflügel, hatte aber aufgrund seines vorgerückten f-Bauern selbst Löcher in der Königsstellung. Dieses nutzte Andrei im richtigen Moment zu einem Damenangriff auf die geschwächte Grundreihe aus. Die Überraschung gelang, der Gegner geriet durch diesen Konter völlig aus dem Konzept, er wurde von Andrei taktisch überrannt und verlor durch die Grundreihen-Mattdrohung entscheidend Material.
Leider hatte sich zur gleichen Zeit aber Max Nießl in noch annehmbarer Stellung an Brett 8 verkalkuliert und eine traumhafte Mattkombination mit doppeltem Figurenopfer auf e6 und g6 erspäht, die leider keine war und sich als Wunschtraum erwies. Somit stand es nun 3:4 gegen uns, und Franz Obpacher musste als „last man standing“ seine Partie für uns alle gewinnen. Zunächst schien das auch noch möglich zu sein, Franz hatte mit Schwarz lang rochiert, den Springerangriff des Gegners im Zentrum abgewehrt, und die offene e-Linie mit seinem Turm besetzt, er versuchte dann mit seiner schwarzen Dame zum weißen Königsflügel zu gelangen und lehnte das Remisgebot des Gegners ab. Dieser deckte jedoch geschickt alle Löcher ab, so dass sich beide Seiten im Folgenden auf die Eroberung schwacher Bauern konzentrierten. Dabei kam Weiß schließlich in Vorteil und konnte sich mit seinem vorgezogenen Turm auf der e-Linie festsetzen und die schwarzen Bauern angreifen. Spätestens hier war die Sache gegen uns gelaufen, und Franz gab nach vierstündigem Kampf auf – er hatte wirklich alles probiert und notgedrungen auf „alles oder nichts“ gespielt, so dass es am Ende 3:5 gegen uns stand, obwohl ein 3,5:4,5 erreichbar gewesen wäre – aber auch das hätte ja nicht gereicht. Jedenfalls rutschten wir mit dieser Niederlage rutschten wir auf den vorletzten Platz der Tabelle ab und müssen nun in den letzten zwei Saisonspielen dringend Punkte sammeln, um diese schwierige Saison noch zu einem guten Ende zu bringen. Weil der direkte Konkurrent im Abstiegskampf Höhenkirchen 2 erst am letzten Spieltag kommt, müssen wir dabei eventuell bis zum Schluss zittern. Einziger Trost: es kann eigentlich nur besser werden.