MMM 2022/23, B-Klasse 1, 4. Runde: Klasse, Kampf und Klatsche – und am Schluss entscheidet ein Gericht.

Beim Auswärtsspiel gegen SC Tarrasch München 3 am Freitag, den 10. Februar fehlten erneut drei Stammspieler, was gegen den Tabellenführer der B-Klasse 1 ein erhebliches Handicap darstellte, vor allem Philipp Biedenkopf war natürlich nicht zu ersetzen. Andererseits hatten wir in diesem Spiel als Außenseiter aber auch nichts zu verlieren, und wir machten das Beste daraus, indem wir unsere Neuzugänge Max & Florian Nießl und Marie Heuer zu gemeinsamer Wettkampfpraxis gegen einen großen Münchner Traditionsverein verhalfen und sie an Brett 6 bis 8 spielen ließen. Wie heißt es so schön: aus der Not eine Tugend machen, oder eben eine Jugend – denn wenn die andere Hälfte der Mannschaft aus Senioren besteht, zählst Du auch als volljährige U25 ohne weiteres noch zu den Jugendlichen. zudem konnte auf diese Weise mit Marie nach Sonja bereits die zweite Dame in dieser Saison ihr Debüt in der ersten „Mannschaft“ des SC Kirchseeon feiern.

Passend dazu fand zeitgleich im Münchner Hotel „Vier Jahreszeiten“ der „FIDE Women’s Grand Prix“ statt, ein hochkarätig besetztes Weltklasse-Frauenturnier, bei dem unter anderem auch die erste deutsche Großmeisterin Elisabeth Pähtz um Punkte für die Qualifikation zur Weltmeisterschaft kämpfte.

Mag der Weg zu Weltspitze im Schach für unsereins oft unendlich weit erscheinen, so ist zumindest die geographische Entfernung manchmal recht überschaubar. Aus Kirchseeon nutzte unter anderem Günter Utz die Gelegenheit zum Turnierbesuch als Zuschauer, bevor er sich dann am Freitagabend vom „Vier Jahreszeiten“ zum Spiellokal des SC Tarrasch am Kolumbusplatz begab – eine weitaus kürzere Fahrt, als die Amerikareise des berühmten Namensgebers dieser Lokalität.

Auch der Rest des Teams hatte eine entspannte Anfahrt nach München, fast schon ein gemütlicher Spaziergang, doch am Brett war dann erstmal Schluss mit lustig, denn der Gegner hatte zweifellos eine kampfstarke Truppe beisammen, wie sich bereits an den Namen einiger Stammspieler (Rennenkampf, Kampfmeier) erahnen ließ.  

Unsere drei Neulinge kamen zwar größtenteils noch ganz gut durch die Eröffnung, wurden dann jedoch im Mittelspiel zunehmend unter Druck gesetzt, vor allem die gegnerischen Läufer erwiesen sich dabei als äußerst gefährliche Waffen. So gingen die Partien zwar verloren, aber Marie, Florian und Max konnten dabei sehr viel Nützliches über strategische Pläne und taktische Manöver lernen. Auch Günter verlor trotz der FIDE-Grand-Prix-Inspiration leider seine Partie, so dass für uns höchstens noch ein 4:4 zu holen gewesen wäre. Horst, Franz und Christian kämpften in zähen Duellen auf Augenhöhe mit ihren Gegnern, konnten aber auch keine Siege erringen. Franz verpasste wohl eine gute Gelegenheit und erreichte danach genau wie Horst immerhin noch ein Remis, während Christian mal wieder unter Zeitdruck kurz vor dem 40. Zug danebengriff – er verpasste das mögliche Unentschieden, als er auf ein Dauerschach spekulierte und mit seiner Dame nach vorne preschte, dabei aber eine wirksamen Abwehrzug des Gegners übersah, der die Dame den Rückweg zum eigenen König versperrte.        

Einzig Herbert Niedergesäß an Brett 1 hatte seinen Gegner über die gesamte Partie sowohl positionell als auch hinsichtlich der verbrauchten Bedenkzeit sicher im Griff und konnte nach 3,5 Stunden einen verdienten Sieg mit einem Mehrbauern im Turmendspiel erringen, wobei er den anwesenden Zuschauern nebenbei noch praktischen Anschauungsunterricht u.a. zum bekannten Motiv des „Brückenbaus“ erteilte.

Somit stand am Ende eine vielleicht etwas zu hohe, aber klare 2:6 Niederlage auf dem Spielbericht. Einige Tage später wurde dann der Wettkampf aber für alle völlig überraschend vom Spielleiter mit 5:3 zu unseren Gunsten gewertet, weil die Münchner versehentlich einen nicht zugelassenen Spieler an Brett 1 eingesetzt hatten, der bereits zuvor in der zugeordneten Runde bei einem anderen Verein in der Landesliga gespielt hatte. Weil dadurch – wie es der im Detail der Bezirksturnierordnung steckende Teufel wollte –  auch die Bretter 2 bis 5 bei SC Tarrasch 3 irregulär besetzt waren (die Stammspieler hätten aufrücken müssen), bekamen wir auch diesen vier Bretter die Punkte nachträglich kampflos.

So will aber eigentlich kein Mensch gewinnen, und verlieren schon gar nicht. Unsere Gegner machten daher von ihrem Beschwerderecht Gebrauch, so dass das erste Mal seit vielen Jahren das Turniergericht des Schachbezirks München wieder Arbeit bekam. Und weil auch im Schach die Mühlen der Justiz langsam, aber gründlich mahlen, ist der endgültige Spielausgang formal weiterhin offen. Wie auch immer – die entscheidenden Punkte gegen den Abstieg müssen wir ohnehin in den folgenden drei Spielen holen, und dann am besten aus eigener Kraft.