In der zweiten Septemberwoche begann die Vorrunde der Vereinsmeisterschaft 2022 mit 8 Spielern in 2 Vierergruppen. Um uns auf die neue Saison der Münchner Mannschaftsmeisterschaft 2022/23 vorzubereiten, wurde im gleichen Zeitmodus wie mit der Mannschaft gespielt, also 90 min pro Spieler für 40 Züge + 15 min/Spieler für den Rest der Partie, und 30 sec Bonus pro Zug.
Ausgerechnet in der Gruppe 1, wo die DWZ-Unterschiede am größten (ca. 400 Punkte zwischen Herbert und Rudi) waren, kam es zu mehreren überraschenden Spielergebnissen, die das Klassement am Ende völlig auf den Kopf stellten:
Zunächst musste Rudi König zum Auftakt eine recht deutliche Niederlage gegen den „Newcomer“ Andrei Toropchin hinnehmen, der wieder einmal einen druckvollen Königsangriff gestartet hatte, dem unser König Rudi schließlich zum Opfer fiel. Doch in den folgenden Runden drehte Rudi dann richtig auf und zeigte seine bekannten Qualitäten: Je länger eine Partie gegen ihn dauert, umso stärker wird er, vor allem im Endspiel. Dabei hatte er sich offensichtlich auch ein wenig von den Trauerfeierlichkeiten für die gerade verstorbene Königin Elisabeth sowie und die Ernennung ihres Nachfolgers Charles inspirieren lassen: Während in Großbrittanien nach langen Jahren wieder „God save the king“ gesungen wurde, krönte sich King Rudi in Kirchseeon ganz alleine durch zwei Überraschungssiege gegen Franz Obpacher und Herbert Niedergesäss zum König der Gruppe 1: In beiden Spielen musste er sich dabei zunächst mit der Dame gegen ein materielles Übergewicht von zwei gegnerischen Türmen und Bauern verteidigen. Doch seine Königin erwies sich auf dem Schachbrett als ebenso standfest und langlebig wie Elisabeth II.: Franz verlor schließlich nach einer Serie von Schachgeboten einen Turm an die Queen und gab auf. Herbert war eine Woche später gewarnt, doch im Vertrauen auf seine unbestrittene Endspielkunst wagte auch er sich ins Duell „Türme gegen Rudis Dame“. Lange Zeit sah es nach einem Remis durch Dauerschach aus, doch Herbert ging „all in“ und versuchte seinen Freibauern durchzubringen. Rudi ließ daraufhin ebenfalls einen seiner Bauern Richtung Umwandlungsfeld laufen, den Herbert zwar stoppen konnte, wobei er aber in einer hochdynamischen Stellung durch Doppelangriffe mit Damenschach schließlich beide Türme und die Partie verlor (Falls Magnus Carlsen diese Partien vor seinem WM-Kampf gegen Nepo gesehen hätte – ob er dann wohl immer noch in der 6. Partie die Dame gegen die Turm und Springer getauscht hätte?). Zuvor hatte Franz den Sturmlauf von Andrei gestoppt und dessen der Deckung weitgehend beraubten König ebenfalls mit Damenpower kurz vor dem Matt zur Aufgabe gezwungen.
So kam es dann am letzten Nachholspieltag zum entscheidenden Kampf zwischen Franz und Herbert um den zweiten Endrundenplatz der Gruppe 1. Und als wäre das alles bisher noch nicht dramatisch genug gewesen, zauberte Schatzmeister Franz gegen den besser stehenden Herbert nach einer einzigen Ungenauigkeit plötzlich ein durchschlagendes Turmopfer aus dem Hut, dass zwingend zum Matt führte. Der als Gruppenfavorit und amtierender Schnellschach-Vereinsmeister gestartete Herbert musste sich somit überraschend mit Platz 4 und der Teilnahme am B-Finale begnügen.
Alle Ergebnisse der Gruppe 1:
König – Toropchin 0:1
Obpacher – Niedergesäß 1:0
Toropchin – Niedergesäß 0:1
König – Obpacher 1:0
Niedergesäß – König 0:1
Obpacher – Toropchin 1:0
Abschlusstabelle:
1. Rudi König 2 (Feinwertung: 3 Punkte)
2. Franz Obpacher 2 (Feinwertung: 2 Punkte )
3. Andrei Toropchin 1 (Feinwertung: 2 Punkte)
4. Herbert Niedergesäss 1 (Feinwertung: 1 Punkt)
Herzlichen Glückwunsch an Gruppensieger Rudi, der im Oktober soeben auch noch einen weiteren Grund zum Feiern hatte, nämlich seinen 80. Geburtstag! Wie gesagt: Ihre Majestät Queen Elisabeth lässt grüßen, und wir dürfen gespannt, welche Turniererfolge sich unser König zum 90. noch gönnen wird…
Ganz anders verhielt sich die Situation in der Gruppe 2 – hier gab es einen klaren Zieleinlauf mit gleichmäßigen 1-Punkt-Abständen, so dass die Feinwertung keine Rolle spielte. Auch die Partieverläufe waren weniger dramatisch, fast alle Spiele wurden durch ein oder mehrere Fehlzüge im Mittelspiel relativ schnell zugunsten des jeweiligen Siegers entschieden. Nur Günter Utz hätte sich gegen Christian Langer eventuell noch etwas länger verteidigen können, gab aber in recht hoffnungslos defensiver Stellung auf.
Alle Ergebnisse der Gruppe 2:
Höntschke – Langer 0:1
Utz – Bettinger 1:0
Utz – Höntschke 1:0
Bettinger – Langer 0:1
Langer – Utz 1:0
Höntschke – Bettinger 1:0
Abschlusstabelle
1. Christian Langer 3
2. Günter Utz 2
3. Horst Höntschke 1
4. Bernhard Bettinger 0
Die beiden Gruppenersten spielen nun im A-Finale um die Vereinsmeisterschaft, die dritten und vierten noch im B-Finale.
Dabei wird das Ergebnis der Vorrundenpartie gegen den Gegner in der Finalgruppe A oder B mitgenommen, so dass alle Spieler in ihrer Finalrunden gruppe A oder B noch zwei Partien gegen die Spieler aus der jeweils anderen Vorrundengruppe zu spielen haben.