Trauer um Gerhard Ziegler

Der Schachclub Kirchseeon trauert um Gerhard Ziegler, der am 20. Mai 2022 im Alter von 79 Jahren verstorben ist.

Gerhard Ziegler bei unserem Biergartenturnier 2015
aus Festschrift SC Kirchseeon 2007
aus Festschrift SC Kirchseeon 2007

Gerhard war seit mindestens 1997 eines der aktivsten und treuesten Clubmitglieder und auch langjähriger Kassenprüfer des Vereins. Er zählte zu den wenigen Spielern, die wirklich jede Woche am Vereinsabend teilnahmen. 
Gerhard war einfach immer da, oft als Erster, und baute schon mal die Figuren auf, während die anderen Schachfreunde nach und nach eintrudelten.
Und das nicht nur bei Vereinsturnieren, sondern auch bereits zum Jugendtraining ab 18 Uhr. Gerhard unterstützte viele Jahre lang unseren jeweiligen Jugendleiter, zuerst Christian Huber, dann ab 2006 Wolfgang Seiberl (siehe das Foto aus unserer Vereinsfestschrift zum 25jährigen Jubiläum 2007, wo Gerhard sicherlich nicht ganz zufällig in der Mitte des Jugendbetreungsteams abgebildet ist).
Der Neubeginn unseres Jugendtrainings 2012 mit Günter Utz beim „Brückenwirt“ (siehe den Pressebericht von Kurt Franz im „Merkur“) wäre ohne ihn praktisch wohl nicht möglich gewesen – es hätte sonst regelmäßig an erwachsenen Betreuern vor Ort gemangelt.
Dabei hatte Gerhard immer betont, dass er kein Trainer oder Schachlehrer sei, sondern nur ein gewöhnlicher und nicht besonders guter Schachspieler. Aber wenn er gebraucht wurde, war er zur Stelle und tat, was er konnte – und es hat Wirkung gezeigt und sich gelohnt:  Unser in diesem Jahr erwachsene gewordene Jugendsprecher und Spitzenspieler Stefans Kasims erinnerte sich Anfang Mai anlässlich Gerhards Geburtstag daran, dass dieser sein „erster Schachlehrer“ gewesen sei. Gerhard war angesichts solcher Ehrungen wohl immer etwas verlegen und sehr gerührt, denn er war ein bescheidener und zurückhaltender Mensch, der sich nicht in den Mittelpunkt stellte. Er sprach niemals laut,  war immer freundlich, und er war auf seine Weise der gute Geist des Schachclubs Kirchseeon – unauffällig, im Hintergrund, aber stets präsent und hilfsbereit, seine ruhige und vertrauensvolle Art tat unserer Gemeinschaft gut, ganz ohne große Worte. Und für bayrische Kraftausdrücke und Sprücheklopferei waren ja auch bereits andere Vereinskollegen zuständig, z.B. der König und der „Kuchi“ usw.,  Nur einmal im Jahr erhob Gerhard seine Stimme, nämlich wenn er auf der Jahreshauptversammlung als dienstältester Kassenprüfer die Richtigkeit der Kassenführung bestätigte und anschließend den Antrag auf Entlastung des Vorstandes stellte. Und weil dem Gerhard alle vertrauen konnten, wurden seine Anträge immer ohne Gegenstimme angenommen. 
Seine Vereinstreue ist auch deshalb so bemerkenswert, weil die eigenen schachlichen Turniererfolge überschaubar blieben, denn gegen die zumeist stärkeren Kirchseeoner Spieler konnte nur selten einen Sieg oder ein Remis holen. Andere hätten bei dieser Bilanz vielleicht beizeiten das Handtuch geworfen – Gerhard aber spielte ungerührt immer weiter. Er nahm auch regelmäßig an großen Open-Turnieren teil, so das OIS München, den Silberpokal Bad Aibling und natürlich das Kirchseeon-Open. Dass er dabei meist ganz unten in der Rangliste stand, kümmerte ihn wenig, er freute sich sich, dass er dabei sein konnte. Und er lernte auch im fortgeschrittenen Alter immer noch ein wenig dazu, las Schachliteratur und spielte oft besser als es seine DWZ vermuten ließ. Denn Gerhards Spielanlage war durchaus ordentlich: positionell und theoretisch fundierter solider Eröffnungsaufbau, er ließ sich nicht einfach überrennen (wie ich hier anhand einer mitgeschriebenen Partie noch zeigen werde). Schwierigkeiten bekam er erst später im Mittelspiel, wenn die Spannungen zunahmen und ihn die Gegner in komplexe taktische Handgemenge verwickelten, aber meist waren es eher die in unseren Kreisen ganz normalen kleinen Ungenauigkeiten, die einem besseren Spielergebnis im Weg standen.
Und manchmal gelang ihm auch der eine oder andere Überraschungserfolg, über den er sich dann umso mehr freute, z.B. die dritten Plätze bei der Team-Vereinsmeisterschaft 2005 zusammen im „Tandem“ mit Günter Utz, 2009 mit Rudi König und 2010 mit Michael Dornreiter.
Gerhard spielte bis 2019 auch dann noch weiter, als er gesundheitlich schon stark belastet war und ihm der Gang zum Spiellokal zunehmend schwer fiel.
Unser Umzug ins Café zam vor zwei Jahren wäre ihm sehr entgegen gekommen, schließlich wohnte er ja nur zwei Häuser weiter. Doch dann kam Corona, und er konnte die Wohnung kaum noch verlassen, wozu ihm ohnehin die Kraft fehlte. Die letzten 1,5 Jahre verbrachte er schließlich im Seniorenwohnpark Vaterstetten, wo in seinem Zimmer immer ein Schachbrett mit spielbereiten Figuren aufgebaut war. Am 4.5.2022 war Gerhards 79. Geburtstag, für diesen Tag war nach Ende der Corona-Beschränkungen ein Vorstandsbesuch vorbereitet, und Sonja freute sich auf die schon länger geplante Schachpartie mit ihm. Dazu kam es leider nicht mehr – sein Gesundheitszustand hatte sich nochmals verschlechtert, wir konnten ihm nur noch telefonische Grüße in die Kreisklinik Ebersberg ausrichten.
Gerhard Ziegler starb in der Gewissheit, ein geschätztes Mitglied des Schachclubs Kirchseeon zu sein, an den sich seine Weggefährten gerne erinnern und den wir nicht vergessen werden. Wir danken Gerhard für alles, was er in 25 Jahren für den Verein geleistet hat, für die vielen schönen Abende und Tage im Schachclub Kirchseeon zu deren Gelingen er beitrug. Wir trauern um eine lieben Menschen, den wir so gerne noch länger unserer Mitte gehabt hätten. Gerade heute bräuchte es in den Schachvereinen mehr solcher Spieler wie Gerhard Ziegler, die nicht in erster Linie für eigene sportliche Erfolge, sondern wegen der Gemeinschaft und der Freude am Schachspiel dabei sind. Wir werden Gerhard sehr vermissen – und von ihm noch einiges lernen müssen.