Der Schachclub Kirchseeon trauert um Friedrich Zäh aus Vaterstetten, der am 9. Mai 2022 im Alter von 92 Jahren verstorben ist.
Friedrich war nicht nur unser ältestes aktives Vereinsmitglied, sondern auch im hohen Alter noch ein sehr guter und zuverlässiger Spieler, der regelmäßig auch in der 1. Mannschaft spielte.
Obwohl er dabei gerne jüngeren Generationen den Vortritt ließ, war er immer zur Stelle, wenn er gebraucht wurde. Bei seinem letzten Mannschaftsspiel Anfang März 2020 war er bereits 90, taktisch in der 2. Mannschaft als Stammspieler aufgestellt, und er gewann seine Partie souverän. Zuvor hatte er im Januar als Ersatzspieler in der 1. Mannschaft bei unserer 1:7-Niederlage gegen München Südost 3 fast im Alleingang die Mannschaftsehre gerettet und gegen einen nach DWZ um fast 100 Punkte stärkeren Gegner ein Remis erkämpft. Seine hervorragende geistige Fitness zeigte sich allein schon daran, dass die eigene DWZ als Maß für Turniererfolge sich in seinem letzten Lebensjahrzehnt nicht verringerte, sondern von 2010 bis 2020 sogar noch leicht anstieg – eine in diesem Alter doch recht ungewöhnliche Erscheinung im Schach. Dabei hatte Friedrich als langjähriger passionierter Hobbyspieler erst relativ spät mit dem Vereinsschach angefangen, in früheren Jahren war er in Vaterstetten vor allem als Skatspieler aktiv. Sein Freund Kurt Franz, unser Ehrenvorstand, der letztes Jahr am 2.9.2021 gestorben ist und ebenfalls in Vaterstetten wohnte, nahm ihn mit zu uns nach Kirchseeon, wo er sich sofort wohlfühlte und erstmals im Jahr 2006 in die Siegerlisten eintrug (3. Platz beim Hobbyspielerturnier). Im Jahr 2013 gewann Friedrich Zäh gemeinsam mit Klaus Kuchenbaur das Teamturnier und zog damit in die „Hall of Fame“ der Kirchseeoner Vereinsmeister ein. 2015 und 2018 erreichte er jeweils beim gleichen Turnier immerhin noch die „Bronzemedaille“, zuletzt zusammen mit Sepp Zistl, auch das war eine starke Leistung. Dieser Teamwettkampf, bei dem er im Tandem gleichberechtigt mit einem ihm zugelosten jüngeren Spieler antrat, passte offensichtlich gut zu seinem Charakter – Friedrich war kein Einzelkämpfer, sondern Teamplayer.
Friedrich Zäh war dabei aber viel mehr als nur ein starker Spieler, er spielte auch schönes und mutiges Schach, z.B. mit Schwarz das Fajarowicz-Gambit (d4 Sf6 2.c4 e5 3. dxe Se4), eine offensive Variante des Budapester Gambits. Zu seinen Gegner:innen und Mitspieler:innen war er dabei immer fair und höflich, er entschuldigte sich sogar regelmäßig, wenn er ein Spiel gewann – ein echter Gentleman alter Schule. Friedrich war ein vielfältig gebildeter und sehr aufmerksamer und allseits interessierter Mensch, Schach war nur eine von mehreren wichtigen Aktivitäten und Leidenschaften in seinem langen ereignisreichen Leben. Er unternahm im fortgeschrittenen Alter noch Reisen nach Russland und China, fuhr mit der transsibirischen Eisenbahn, besichtigte die „große Mauer“. Bei der berührenden Trauerfeier in Vaterstetten am 16.5.2022 beschrieben ihn seine Söhne mit einfühlsamen Worten als liebenden Familienvater und empfindsamen, gläubigen Mann, der innerlich von den Kriegserlebnissen seiner Jugendzeit gezeichnet war. Sein ganzes Leben lang hat er sich immer wieder mit der Geschichte des Dritten Reichs und der beiden von Deutschland begonnenen Weltkriege befasst, Kriegsgräber und Gedenkstätten in vielen Ländern besucht und deren Erinnerungsarbeit auch finanziell unterstützt. Wie so vieles in diesen Tagen stimmt es besonders traurig, dass Friedrich, der sich so sehr für den Frieden eingesetzt hat, an seinem Lebensende nun auch noch den Beginn des aktuellen Kriegs in der Ukraine erleben musste. Gerne hätten wie ihn nach Aufhebung der Corona-Beschränkungen wieder beim Schachabend oder zur Weihnachtsfeier in unserer Mitte gehabt, er hätte uns sicher noch viel erzählen können und weiterhin Freude am Schachspiel gehabt. Doch es war nicht das Alter an sich, sondern vor allem der tragische Tod seiner Ehefrau vor drei Jahren, der Verlust der Liebe seines Lebens, der ihm letztlich so sehr zugesetzt und die nötige Kraft genommen hat, die es in diesen Tagen bedurft hätte, um weiter so zu leben wie früher.
Beim Schach ist eine verlorene Partie niemals das Ende, sondern oft nur die Vorbereitung auf das nächste Spiel, es geht immer weiter, die Uhr wird neu gestartet. Im Leben ist es leider nicht so, es gibt eine Grenze, die auch die wunderbare Leichtigkeit des Schachspiels, die uns sonst über so manches hinweg hilft, nicht überwinden kann.
Unser Schachfreund Friedrich Zäh wird uns für immer als großes Vorbild in Erinnerung bleiben, in der Art und Weise, wie er gelebt und gespielt hat. Wir sind dankbar dafür, dass er unseren Verein bis zuletzt als Spieler und auch als Spender tatkräftig unterstützte und das Vereinsleben bereichert hat. Seine Freundlichkeit, sein Humor und seine Spielstärke werden uns sehr fehlen. Und schließlich zeigt uns sein reiches Lebenswerk, wie unfertig unser eigenes Leben ist und wie viel es noch zu tun gibt – und wofür es sich zu leben lohnt. Wir können also jetzt nicht aufhören, sondern machen weiter, wie Friedrich es sich gewünscht hätte, schließlich ist unser Schachclub auch erst 40 Jahre, und Alter ist nur eine Zahl. Lieber Fritz, vielen Dank für alles.