Unglückliche Niederlage zur Geisterstunde – Kirchseeon verliert 3,5:4,5 gegen München Südost 4

Nach zuletzt zwei Mannschaftssiegen in Folge wollten wir am 10. Mai im Heimspiel gegen München Südost 4 nachlegen und die Erfolgsgeschichte des „Kirchseeoner Frühlings 2022“ fortschreiben. Die Voraussetzungen dafür waren nicht schlecht, weil Herbert und Franz wieder aus der Quarantäne zurückwaren und uns erstmals in der Saison mehr als 8 Spieler zur Auswahl standen. So durfte Rudi Eis essen gehen und Emil Kasims nach dem Motto „Jugend hat Vorrang“ sein Debüt in der 1. Mannschaft feiern; mit 13 Jahren war er sicherlich der jüngste Spieler in diesem Team seit sehr vielen Jahren. Doch München Südost hat bekanntlich auch viele gute Spieler und spielstarken Nachwunchs und war keineswegs bereit, uns ihre dringend benötigten Punkte zu überlassen. Die Gegner traten zwar nicht mit einer Schülermannschaft, aber mit einigen jungen Erwachsenen an, die vor allem an den hinteren Brettern zu überzeugen wussten.
So verlor Benno diesmal an Brett 7 recht schnell, und auch bei Emil sah es schon nach der Eröffnung nicht wirklich gut aus. Er kämpfte zwar noch tapfer weiter, konnte aber den verlorenen Bauern und die positionellen Nachteile letztlich nicht mehr ausgleichen. Besser lief es bei Franz Obpacher an Brett 6, der fast zeitgleich mit Benno sein Spiel nach kurzem Schlagabtausch beendete, diesen im Gegensatz zu seinem Nebenmann aber siegreich gestalten konnte.
Danach gelang Christian an Brett 2 der Ausgleich – er hatte den Gegner in der Benoni-Eröffnung mit Da4+ früh aus dem Konzept gebracht, danach zwar nicht die beste Fortsetzung gefunden, aber zumindest den psychologischen Vorteil aufrecht erhalten, so dass plötzlich sein d-Bauer unaufhaltsam zur Umwandlung sprintete, während sich der gegnerische Turm im „outer rim“ (bzw. a4) vorübergehend ins Abseits manövriert hatte.
Die Hoffnung auf einen Mannschaftssieg war allerdings nur von kurzer Dauer, denn nun kippten die Stellungen an Brett 3 und 5 kurz nacheinander beide zu unseren Ungunsten: Andrei hatte offenbar mit Schwarz eine Figur für einen Angriff am Königsflügel geopfert, aus dem aber nichts wurde. Sein erfahrener Gegner ließ sich den Materialvorteil nicht mehr nehmen und drehte den Spieß um, so dassn wir 2:3 in Rückstand gerieten.
Günter war kurz davor gewesen, in ein gewonnenes Damenendspiel mit Bauernmehrheit am Damenflügel abzuwickeln, doch dann fand die gegnerische Dame noch ein unangenehmes Schachgebot, mit dem sie die Initiative an sich riss und Günters Läufer und kurz darauf auch die ganze Partie gewann.
Nun konnten wir höchstens noch ein 4:4 erreichen – dazu mussten allerdings Herbert und Horst ihre verbleibenden Spiele gewinnen.
Herbert hatte sich als Schwarzer mit der spanischen Eröffnung auseinander setzen müssen, vor der er großen Respekt hatte – denn hier gewinnt häufig derjenige, der sich in der Theorie besser auskennt, und die reicht in manchen Varrianten gut und gern bis zum 20. Zug und noch weiter. Diesmal wich aber offenbar Weiß als erster vom Buch ab und wählte einen zweifelhaften Plan, und dann zeigte Herbert seine ganze Spielkunst: er gewann die Kontrolle über die offenen a-Linie und die Diagonale a1-h8, den Vormarsch des weißen h-Bauern beantwortete er seinerseits mit dem Vorrücken der übrigen Königsbauern gegen den wenig geschützten weißen König, der sich schließlich gegen das Eindringen der schwarzen Dame über b2 und d4 nicht mehr verteidigen konnte. Eine ganz starke spanische Partie von „Don Herbert“ gegen einen nach DWZ favorisierten Gegner! 

Währenddessen hatte Horst nach Abtausch aller Leichtfiguren seinen Gegner in eine weitgehend passive Stellung gedrängt, in der dieser nur noch durch Abwarte- und Verteidiungszüge das Eindringen von Dame und Turm zu verhindern versuchte. Durch geschicktes Lavieren und Ausnutzen von Fesselungen gewann Horst schließlich einen Bauern und versuchte den Vorteil in ein gewonnenes Endspiel abzuwickeln. Nach Öffnung der Stellung wurde der Gegner aber noch einmal gefährlich und drohte Matt mit Turm und Dame, so dass Damenabtausch unvermeidlich war. Horst behielt jedoch bis dahin stets die Übersicht, ging jeder Falle aus dem Weg und verteidigte seinen Mehrbauern im Turmendspiel. Dann bot sich die Chance auf einen entscheidenden weiteren Bauerngewinn, doch ausgerechnet hier sah unser Routinier Gespenster (es war tatsächlich bereits Mitternacht geworden!) und griff daneben, so dass schließelich nur noch ein Turmendspiel mit h-Bauern übrig blieb, was theoretisch nicht zu gewinnen ist, und so endetete diese Marathonpartie aus unserer Sicht leider nur mit Remis. Trotzdem war es eine große Leistung von Horst, ungeachtet aller gesundheitlicher Beeinträchtigungen solange durchgehalten und weitgehend fehlerlos gespielt zu haben (das hätten nur die wenigsten von uns geschafft), nur fehlte eben in letzter Minute der krönende Abschluss. Mit der unglücklichen 3,5:4,5-Niederlage verpassten wir die Chance auf ein positives Punkteverhältnis und stehen weiterhin in der unteren Tabellenhälfte – in den verbleibenden 3 Spielen müssen wir daher noch mindestens einmal ordentlich punkten, um einen gesicherten Mittelfeldplatz zu erreichen.