Das Schachspiel hat in seiner ca. 1500jährigen Geschichte schon viele Krisen überstanden, und trägt aktuell in Zeiten der Pandemie und Quarantäne dazu bei, isolierte Menschen aus aller Welt miteinander zu verbinden. Während der Präsenz-Spielbetrieb momentan gezwungenermassen ruht, finden täglich Online-Turniere z.B. bei Lichess.org oder Chess.com statt,
oder man spielt dort beliebig wählbare Kurzpartien gegen Gegner gleicher Spielstärke.
Der SC Kirchseeon hat nun auch sein Jugendtraining kurzerhand in den virtuellen Raum verlegt:
An den letzten Dienstagen im März meldete sich Schachlehrer Thomas Beckers jeweils von seinem Arbeitsplatz zuhause und unterrichtete mehr als ein Dutzend anwesende Vereinsmitglieder erfolgreich per Videokonferenz. Die Webcams der meisten Zuhörenden blieben dabei allerdings ausgeschaltet, denn wir wollten uns ja auf die Schachfiguren konzentrieren. Nur Sonja konnte mithilfe der Kamera selbst bei niedriger Bildauflösung beweisen, dass sie nicht „Gerhard Naumann“ ist.
Nach dem anfänglichen „Soundcheck“ ging es dann mit mithilfe von „Chessbase“ bzw. dem eingeblendeten elektronischen Schachbrett wie gewohnt richtig zur Sache.
„Major“ Thomas zeigte zunächst eine damenindische Partie aus einem seiner Turniere, die nach Abtausch aller vier Zentrumsbauern brutal schnell und gefährlich wurde, weil ohne Bauern in der Mitte sämtliche Figuren auf beiden Seiten freie Fahrt ins gegnerische Lager haben und zwangsläufig ungebremst aufeinander einschlagen.
In diesem Fall hatte der Gegner die unsicherere Königsstellung, jedoch mit Blick aufs Endspiel die bessere Bauernstruktur („entfernter Freibauer“).
Unter diesen Umständen muss der Angreifer möglichst lange die Spannung aufrecht erhalten und darf nur dann Figuren abtauschen und vereinfachen, wenn er dadurch Materialvorteil gewinnen kann. Das gelang in der realen Partie dann tatsächlich, wenn auch zuletzt durch einen Fehler des erschöpften Verteidigers – doch unser Spitzenspieler Herbert Niedergesäss fand aus dem Stehgreif während der Videokonferenz noch eine Verbesserung, nämlich eine schöne Kombination im Mittelspiel, die Thomas während der Turnierpartie scheinbar entgangen war! Aber so geht es oft zu bei der Analyse: Da findet man beim Zuschauen spontan tolle Züge, die man in der eigenen Partie unter Druck trotz intensiven Nachdenkens nicht spielt oder übersieht – that’s life.
Als Ausklang wiederholte Thomas dann mit den Kindern nochmal schnell das elementare Mattsetzen mit dem Turm, sowie mit dem Läuferpaar. Denn das muss ja gerade beim Online-Schach wie im Schlaf funktionieren, weil es da im Blitzmodus oft auf jedes Sekundenbruchteil ankommt. „Völlig losgelöst“ ? Mitnichten, Major Tom hat alles Griff, und der SC Kirchseeon bleibt auf Kurs. Das nächstes Online-Training ist für Osterdienstag, den 14.4. geplant.